Warum bieten wir in Siegen einen FFM-Kurs an?

FFM Kurse sind eigentlich den Berufskollegs in NRW zugedacht und sollen Neuzugewanderte sprachlich und gesellschaftlich in ein weiteres Schulleben integrieren bzw. darauf vorbereiten. In Siegen dürfen wir vom WBK diese Aufgabe übernehmen. Seit dem Sommersemester 2017/18 haben wir seitdem ein Anmeldeverfahren, bei dem wir auswählen, ob für die Bewerber FFM, Vorkurs bzw. Abendrealschulsemester in Frage kommen. Für die FFM-Bewerber haben wir mittlerweile einen eigenen Termin, da wir hier etwas mehr Zeit benötigen.

Welche sind die Voraussetzungen, um in den FFM – Kurs zu kommen?

Wir haben von Anfang an betont, dass verantwortlich mit den Bewerbern umgehen. Voraussetzung für die Teilnahme ist, dass wir uns auf Deutsch mit den Teilnehmern verständigen können. Als Mindestniveau haben wir das Sprachniveau A2 formuliert, aber zusätzlich eine Aufnahmeprüfung implementiert. Dabei werden die Bewerber aufgefordert, zwei Texte über sich und Ihre bisherige Schullaufbahn zu schreiben. So können wir die Fähigkeiten in der Schriftsprache einschätzen. Die Bewerber bekommen für die Schreibaufgabe ca. 30 Minuten Zeit. Darauf folgend werden die Bewerber von zwei Kolleginnen interviewt, die die Bewerber endgültig in FFM I oder II bzw. einstufen. Dieses Auswahlverfahren hat sich als wichtig herausgestellt, da Kandidaten häufig zunächst einen Alphabetisierungskurs benötigen bzw. noch weitere Deutschkurse benötigen, um sich in einer Lerngruppe auf Deutsch zurecht finden zu können.

Wie sehen die FFM-Kurse aus?

Wir haben jetzt den dritten FFM-Kurs in Folge. Meist sind die Kurse am Anfang größer, inzwischen haben wir die FFM II Kurs mit dem Vorkurs kombiniert. Die geringe Studierendenzahl ist hier ein Vorteil: Bei wenigen Studierenden können diese höhere Sprechanteile und mehr Übungsmöglichkeiten wahrnehmen, können intensiver betreut werden und ihr Selbstbewusstsein kann weiter ausgebaut werden. Am Ende trauen sich alle Studierenden, offen in der Gruppe zu sprechen und sogar kleine Präsentationen zu halten.

Während im FFM I der Fokus zunächst auf der deutschen Sprache liegt, wird dies in FFM II durch Englisch ergänzt. Je nach Neigung und Fächern der unterrichtenden KollegInnen werden im FFM I alle Fächer (neben Deutsch auch Mathematik, Naturwissenschaft, Sozialwissenschaften, etc. ) sprachsensibel unterrichtet. Im Fach Deutsch wird Grammatik, Leseverstehen, Projektarbeit an einem Spiel zur Erkundung der „neuen“ Stadt vermittelt.

Im FFM I und II gibt es keine Versetzung über Noten und Versetzungsordnung, es geht hier vielmehr darum zu sehen, ob es Fortschritte gibt und Erfolgschancen in der weiteren Schullaufbahn zu erwarten sind. Um dem Bedürfnis der Studierenden nach einer Beurteilung nachzukommen, schreiben wir kleine „Tests“.

Was bieten wir neben dem normalen Unterricht?

Wir kooperieren mit dem Kommunalen Integrationszentrum und haben hier eine hilfreiche Ansprechpartnerin, deren Unterstützung z.B. bei Anträgen und Verfahren mit Behörden und Institutionen, -auch wenn diese nicht unbedingt nur mit Schule zu tun haben- , für unsere Studierende Gold wert sind. Dazu zählt auch Hilfe beim Schreiben von Bewerbungen und Lebensläufen, v.a. weil die Studierenden nur über die Arbeit auf 450€-Basis dann später auch die ARS besuchen dürfen.

Bedarf nach Unterstützung durch Beratung und Rückhalt ist oft auch in sozialen Fragen enorm wichtig.

Wir haben im FFM II ein Ausbildungscoaching Ausbildungsstrukturen und Kompetenzen „eingekauft“, das auf das duale Ausbildungssystem, sowie die Arbeitsbedingungen in Deutschland aufmerksam macht und zeigt, wie wichtig ein Schulabschluss in Deutschland ist. Dies wurde von einem türkischen Lehramtsstudenten in Zusammenarbeit mit dem KI (Kommunalen Integrationszentrum) durchgeführt.

Besonderheiten für den Besuch in der Abendrealschule:

Die FFM-Studierenden sind neu Zugewanderte, die in ihrer Heimat häufig keinen (Englisch-)Unterricht erlebt haben. Hier besteht die Möglichkeit, den Abschluss in Englisch durch eine Sprachfeststellungsprüfung in der Muttersprache zu ersetzen. Dies erleichtert den Studierenden das Erreichen eines Schulabschlusses, denn sie müssen ab dem Abendrealschulsemester zwar Englisch als Fach belegen, aber die Note ist nicht mehr versetzungsrelevant. Die Englischnote wird durch die Prüfungsnote in der Muttersprache ersetzt. Das Erlernen einer weiteren Fremdsprache stellt die Studierenden vor riesige Herausforderungen.

Probleme der FFM-Kurse?

Es gibt für die Kurse kaum inhaltliche Vorgaben, außer, dass die Gegenstände dem Spracherwerb der KursteilnehmerInnen dienen. Man kann also das machen, was für die Studierenden relevant ist und im besten Fall sogar noch Spaß macht. Der Semesterleiter behält die Übersicht und achtet darauf, dass die Kompetenzen ausgewogen geschult werden.

Ein Beispiel: Es gibt das Lernspiel „Ein Wochenende in Berlin“, das für DaF-B1 Niveau ausgewiesen ist. Mit Hilfe dieses Spieles haben zwei Kolleginnen mit 10 Semesterwochenstunden und dem gesamten Kurs gearbeitet.

In diesem Rahmen können Elemente für Lernbereiche wie Leseverstehen bzw. Grammatik und Wortschatz eingesetzt werden, daneben können kleine Präsentationen geübt werden.

Ein auf unsere Stadt Siegen übertragene Version hat eine Projektgruppe selbst entwickelt und getestet. Dies soll jetzt gemeinsam mit einem Team der Uni digitalisiert werden, um es auf das Nettwerkzeug – eine digitale Plattform für Neuzugewanderte im Kreis Siegen-Wittgenstein – zu stellen.

Die Studierenden im FFM sind unglaublich motiviert und lernfreudig. Viele sehen Schule als echte erste Chance ein eigenes selbstständiges Leben anzustreben. Dies birgt Konflikte, die nicht mit der Schule bestehen, sondern mit dem Elternhaus oder der Heimatkultur.

Wir erfahren von den TeilnehmerInnen viel wieder Dankbarkeit für Unterricht, Hilfen und die darin geübte Geduld. Dies macht die Arbeit im Kurs immer wieder angenehm!

Karin Jänicke

Fotos: Spiel// Hüpfburg // Gruppe mit Fr. Beinering und Hrn Almaci