Am 6. Dezember 2019 führten die Theatermacher Sebastian Bös und der ehemalige Kollegiat Elikem Aniygba eine Neuversion ihres Stückes „Schwarzseher“ im Westfalen-Kolleg vor Studierenden aus den Bildungsgängen Kolleg und Abendgymnasium auf.
Als Vertreterin des Kommunalen Integrationszentrums Dortmund, an das der Dank des Westfalen-Kollegs für die großzügige Unterstützung bei der Durchführung dieses Theaterformats geht, war die Dortmunder Ansprechpartnerin des Projekts „Schule ohne Rassismus/Schule mit Courage“ Helena Breidt, zu der Veranstaltung gekommen.
Wovon handelt das Kammerspiel, in dem die beiden Darsteller virtuos zwischen der Vergangenheit und Gegenwart wechseln? Das ungewöhnliche Stück setzt an bei der Biographie des im 18. Jahrhundert aus Ghana verschleppten und versklavten Afrikaners Anton Wilhelm Amo, der in Deutschland als sogenannter „Hofmohr“ Karriere machte. Sein Gönner ermöglichte ihm eine wissenschaftliche Ausbildung, die er mit einem Doktortitel der Philosophie abschloss. Danach unterrichtete Amo an deutschen Universitäten.Dass das Publikum in die fremde Epoche eintauchen konnte, ermöglichten Textzitate aus jener Zeit sowie sparsam eingesetzte historische Requisiten und Elemente der Hoftracht. Die Tatsache, dass die Lebensgeschichte Amos viele Fragen aufwirft und wichtige seiner Schriften verloren sind, nutzen die beiden Theatermacher für das Experiment, den Werdegang Amos aus der Perspektive eines Weißen (Amo als Held der aufklärerischen Philosophie, der die Gleichheit aller Menschen entdeckt) und eines Schwarzen (Amo als das Kulturexperiment der Weißen) zu betrachten. Dabei bringen die beiden Darsteller ihre eigenen lebensweltlichen Erfahrungen mit ein, so dass Historie zu aktuellem Rassismus gegen Schwarze in Beziehung gesetzt wird, etwa: Welche aktuellen schwarzen Vorbilder gibt es heute in der Wissenschaft? Kann ein Weißer sich vorstellen, wie es sich anfühlt, als Schwarzer in der Öffentlichkeit zu agieren, auf ein Amt zu gehen? Wie viele schwarze Freunde hat ein weißer Deutscher?
In der angeregten Diskussionsrunde, die sich der Aufführung anschloss, kreiste das Gespräch um Gründe für Rassismus. Die Studierenden hatten darüber hinaus Fragen zu der Biographie der beiden Darsteller. Elikem Anyigba, der zwar wie Amo aus Ghana stammt, aber den Großteil seines bisherigen Lebens in Deutschland verbracht hat, schilderte, wie er als Jugendlicher in Ostdeutschland Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht habe. Sebastian Bös, von dem Elikem Aniygba sagte, er habe sich durch das Stück Knowhow im Schwarz-Sein erworben, betonte die Notwendigkeit, Rassismus deutlich zu thematisieren. So forderte die Studierende Whoopy Lourenco, die mit ihrer Klassenkameradin Filiz Zor die Anmoderation der Veranstaltung übernommen hatte, die Anwesenden auf, offener über Rassismus zu reden. Es kann kein besseres Fazit für ein derartige Veranstaltung geben als Whoopy Lourencos abschließende Worte: „Es liegt an uns, der jetzigen Generation, offener zu werden und uns damit auseinanderzusetzen. Denn wir bereiten die Welt für unsere Kinder, die nächste Generation.“