Ich erinnere mich sehr gut daran, als ich 2011 von Syrien nach Deutschland kam. Am Flughafen Hannover habe ich zum ersten Mal in meinem Leben die deutsche Sprache gehört und nichts davon verstanden. Da habe ich mich gefragt, ob ich sie jemals lernen kann. Diesen Moment am Flughafen vergesse ich nie.
Als ich nach Dortmund kam, habe ich schon in den ersten Tagen versucht, einen Deutschkurs zu finden. Leider musste ich über ein Jahr warten, bis ich als Asylberechtigter anerkannt war und erst dann durfte ich an einem Sprach- und Integrationskurs teilnehmen. Meine Motivation und die Neugierde, um die deutsche Sprache zu lernen, waren sehr hoch. Den Sprachkurs habe ich nach sechs Monaten mit B1 abgeschlossen.
Nach dem Abschluss musste ich mich entscheiden, wie es mit mir weitergeht: In Syrien war ich als selbstständiger Kaufmann tätig. Meine Zeugnisse konnte ich während der Flucht nicht mitnehmen. Also, was tun im neuen Land? Ich habe mich mit meinen aus Syrien stammenden Freunden unterhalten, wie ich zu einem Schulabschluss kommen kann. Von einem ehemaligen Abendrealschüler habe ich den Tipp bekommen, mich an der Abendrealschule anzumelden. Vorher hatte ich von dieser Möglichkeit nie etwas gehört. Sofort bin ich persönlich in die Abendrealschule gegangen, um mich zu informieren und anzumelden. Herr Malitzki und Frau Schütt haben mich sehr herzlich empfangen und das hat mir umso mehr Mut gemacht, es in der Schule zu versuchen. Sie haben mir auch vorgeschlagen, dass ich zunächst im Vorkurs beginne. Ende August 2014 ging es dann endlich los. Am Anfang hatte ich natürlich Schwierigkeiten mit den komplizierten deutschen Begriffen und mit den Besonderheiten des deutschen Schulsystems. Aber im Laufe der Zeit, auch durch die große Hilfsbereitschaft der Lehrkräfte und Mitstudierenden, begann ich, immer mehr zu verstehen und mich wohler zu fühlen in meiner Klasse. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bei allen sehr herzlich bedanken, besonders bei Herrn Malitzki, der das Fach Mathematik uns allen sehr schmackhaft gemacht hat. Herrn Grunau natürlich auch, nicht nur in seiner Funktion als Schulleiter, sondern auch als hervorragender Lehrer für Geschichte und Pädagogik. Sein Unterricht war sehr spannend, mit seinen vielen Beispielen waren viele Themen für mich leichter zu begreifen, ich habe sehr viel davon mitgenommen. Und Herrn Gashi, der immer für mich da war, aber auch alle anderen Studierenden mit dem Herzen betreut und motiviert hat. Nach dem zweiten Semester war ich in einer schwierigen persönlichen Situation und wollte die Schule abbrechen. Dank Frau Herrador und Herrn Gashi, die es nach mehreren Gesprächen geschafft haben, mich zu überzeugen und zu motivieren, habe ich weitergemacht. Da
rüber bin ich sehr froh und vergesse es nie.
Die Zentrale Abschlussprüfung hat mir natürlich sehr viele Sorgen bereitet und ich wusste nicht, wie eine derartige Prüfung in Deutschland aussieht. Die Lehrkräfte haben mich beruhigt und mir gesagt, dass ich das schaffen werde. Die Prüfung verlief sehr gut, ich bin zufrieden.
Worüber ich mich sehr freue, ist die Zusage zu meiner Ausbildung zum Kaufmann im Gesundheitswesen, die ich im August dieses Jahres bei der Krankenkasse DAK in Hagen antreten werde. Das bedeutet mir sehr viel, wenn ich rückblickend auf das Jahr 2011 schaue, als ich kein Wort verstand.
Die Abendrealschule ist eine große Chance, sich weiterzubilden und eine Zukunft aufzubauen. Ich möchte vielen Leuten Mut machen, diese Schule zu besuchen und den Schulabschluss nachzuholen. Zum Schluss möchte ich noch sagen: „Gott sei Dank, dass es die ARS gibt“!
Aldar Al Muhammad

Schulleiter Falko Grunau überreicht Aldar Al Muhammad das Zeugnis