Deutsch als Zweitsprache im ZBW

Von Kerstin Lehmann

Am Weserkolleg in Minden gibt es seit Februar 2015 einen Vorkurs, in dem Deutsch als Fremdsprache, vor allem für nicht mehr regelschulpflichtige Flüchtlinge, unterrichtet wird, deren Deutschkenntnisse nicht ausreichen.

Eines der größten Probleme bestand zunächst darin, geeignete Lehrkräfte zu finden, um diesen Kurs unterrichten zu können. Zwei der Deutschkolleginnen hatten bereits langjährige Erfahrungen im Bereich Deutsch als Zweitsprache. Daher wurde auch  zunächst nur ein Kurs eingerichtet, indem beide Kolleginnen abwechselnd unterrichteten.

Die Motivation der Schüler und Schülerinnen war von Beginn an sehr unterschiedlich, was sich auch an der Pünktlichkeit und Teilnahme am Unterricht ablesen lies. Beide Kolleginnen bewiesen großes persönliches Engagement, aber rasch zeigte sich auch, dass zwei Lehrkräfte eine zu dünne personale Decke darstellten: Bei Krankheit oder anderweitigen dienstlichen Verpflichtungen musste der Unterricht in der Regel ausfallen, da kein Kollege diese Art von Unterricht vertreten konnte. Trotzdem war der Lernfortschritt bei dem Kern der Gruppe, der sich nach etwa vier Wochen herausgebildet hatte, erstaunlich groß, sodass am Ende etliche Teilnehmer in einen Kurs auf dem Niveau von A2 übergehen konnten.

DaF-Schülerin am Weserkolleg in Minden

DaF-Schülerin am Weserkolleg in Minden

Da sich im Verlauf des Semesters herausgestellt hatte, dass zwei Kollegen, übrigens auf eigene Kosten und eigene Initiative, eine Weiterbildung im Bereich DaF am Goethe-Institutes begonnen und ein weiterer Kollege Erfahrungen im Studium in diesem Bereich gesammelt hatte, wurden zu Beginn des Wintersemesters 2015/16 zwei Kurse eingerichtet.

Die Arbeit im DaF-Bereich ist durchaus spannend und in weiten Teilen auch befriedigend, allerdings erfordert sie großen Einsatz in der Unterrichtsvorbereitung und auch bei der pädagogisch-sozialen Betreuung der Teilnehmer.

Verglichen mit der Arbeit in einem „normalen“ Vorkurs ist sie um einiges fordernder und auch körperlich anstrengender. Da einsprachig Deutsch unterrichtet wurde, mussten viele Begriffe pantomimisch erläutert werden. Inwieweit die Teilnehmer der DaF-Kurse in das normale Regelsystem des Abendrealschulbereiches übernommen werden können, ist bislang (abgesehen von einer positiven Ausnahme) noch nicht abzusehen, da erst eine Klasse das Niveau A1 erreicht hat.

Nach meiner persönlichen Einschätzung ist für das gro der Teilnehmer ein Übergang nur mit zusätzlich zur Verfügung gestelltem „Stützunterricht“ in Deutsch zu gewährleisten. Vor allem die ZAPs sind sonst rein sprachlich, sowohl in Deutsch als auch in Mathematik, für Flüchtlinge schwer zu bewältigen. In Deutsch waren z.B. in den letzten Jahren die Texte der ZAPs sehr europäisch geprägt Darüber hinaus sollte die Landesregierung schnellstmöglich kostenlose Fortbildungen für interessierte Kollegen anbieten, die auch mit einer entsprechenden Unterrichtsbefreiung einhergehen sollten, um die personelle Abdeckung dieses Bereiches zu garantieren.

Ankommen in Deutschland – Sprache in kulturellen Bildungsprojekten erleben und erlernen

Von Janina Sendler

Seit Anfang des Wintersemesters 2014/15 bietet das Ottilie-Schoenewald-Weiterbildungskolleg der Stadt Bochum einen Sprachvorkurs an, der Flüchtlingen mit diversen kulturellen Hintergründen die erforderlichen sprachlichen Voraussetzungen für einen individuellen Regelschulabschluss zu erreichen ermöglicht.

Dies stellt uns Lehrende vor besondere Herausforderungen: Stetig wächst die Zahl der in Bochum ankommenden Flüchtlinge. Zum Wintersemester 2015/16 werden am Ottilie-Schoenewald-Weiterbildungskolleg drei neue Kurse eingerichtet. Unter den neuen Studierenden sind viele junge Erwachsene, deren Bildungshintergründe so verschieden sind wie ihre kulturellen Erfahrungen und Geschichten. Sie verstehen die deutsche Sprache noch nicht, dabei haben sie als Flüchtlinge aus Syrien, dem Iran, Irak, Ägypten, Libyen, Algerien, Guinea, Niger, Russland und Lettland das dringende Bedürfnis sich mitzuteilen. Manche ringen um Sprache, um ihre zum Teil völlig unverarbeiteten Erlebnisse mit anderen zu teilen. Sie verstehen die neue Kultur kaum, ahnen sich in neue Lebensbedingungen hinein, finden sich als Überlebende und von allen Verlassene. Viele der jungen Erwachsenen erleben wir als enorm motiviert und von großer Hilfsbereitschaft gegenüber Mitstudierenden, dankbar und glücklich schätzen sie sich als Überlebende, dennoch allein und trauernd in einer fremden Welt.

Am Anfang bestimmen Mimik und Gestik den Unterricht. Bilder von Alltagsgegenständen, Menschen  und Tieren helfen bei Übersetzungsübungen. Einige Flüchtlinge haben in ihrem Herkunftsland die französische oder englische Sprache gelernt, auch das hilft, in diesem heterogenen Vorkurs mit dem Förderschwerpunkt „Sprache“ ins gegenseitige Verstehen zu kommen. In 20 Stunden Unterricht pro Woche (Deutsch, Mathe, Englisch) machen Kolleg*innen die Erfahrung, dass Unterrichtsziele zwischenzeitlich zur Nebensache werden. Deutlich kristallisiert sich heraus, dass lebenspraktische Fragen viel dringender sind, als Wechselpronomen oder Adjektivdeklinationen.  Im Aufeinander Zugehen und im gemeinsamen Prozess lernen Studierende und Lehrende voneinander.

Während der Unterstützung bei der Wohnungssuche und der Erschließung alltagsrelevanter Grundvoraussetzungen, wurde uns Lehrenden immer deutlicher, dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen zum großen Teil aus Kriegs- und Krisengebieten kommend, hier große Defizite aufwiesen. Von der Ernährung über die Kleidung, Hygiene bis hin zur Einrichtung einer Wohnung und dem sich Zurechtfinden im institutionellen Dschungel des Alltags benötigten sie Unterstützung und Hilfe.

Bei einem Besuch des Schulbauernhofes in Recklinghausen konnten wir beobachten, dass das gemeinsame Kochen, Backen und Essen, Füttern und Pflegen der Tiere, der Einblick in die dortige Kinderkrippe, sowie die Besichtigung der Holzwerkstatt und Schmiede nicht nur auf großes Interesse stieß, Gesprächsanlässe bot, sondern vor allem ihre in  der Heimat erworbenen Kompetenzen, Interessen und Fähigkeiten spiegelte. Mit Stolz und Selbstbewusstsein wurden traditionelle Kochrezepte ausgetauscht, einige davon zubereitet. Sie diskutierten über ökologische Fragen ebenso wie über kulturell bedingte Erziehungskonzepte.

Auf der Grundlage dieser positiven, weil ganzheitlichen Erfahrungen, suchte das Ottilie-Schoenewald-Weiterbildungskolleg ebenso wie der Schulbauernhof die weitere Kooperation. Die Vielfalt der Lernsettings, die der Schulbauernhof bietet, stellt eine hervorragende Ergänzung zum schulischen, formellen Lernen dar.

Ganz andere Synergieefekte löste ein Musikprojekt in Kooperation mit der Musikschule der Stadt Bochum aus: Mit zwei Musikern entwickelten die Studierenden ein Hörspiel und erzählten das Märchen von „Hans im Glück“ auf ihre Weise und vielstimmig nach. Das deutliche und rhythmische Sprechen, die Konfrontation mit der eigenen Stimme und die Wiederholungen der gesprochenen Sätze feilten an der Aussprache der Studierenden. Das fertige Produkt entfachte Stolz und Zufriedenheit und entpuppte sich als großer Motivator beim Weiterlernen.

Diese Beispiele machen uns deutlich, wie wichtig die Kulturelle Bildung gerade für diese Zielgruppe ist und motiviert uns auch zukünftig derartige Projekte fest in die Konzeption der Vorkurse zu integrieren.